Die „Zukunft von Atomwaffen im 21. Jahrhundert“
Im Mittelpunkt der Rede im April 2009 stand die „Zukunft von Atomwaffen im 21. Jahrhundert“. Der Kalte Krieg, so Obama, sei überwunden, aber Tausende Atomwaffen seien nicht verschwunden. Er betonte schon vor einem Jahr, dass die Gefahr eines Atomkrieges gesunken, das Risiko eines nuklearen Angriffs allerdings gestiegen sei: Mehrere Länder seien im Besitz von Atomwaffen, Atomwaffentests gehörten nicht zur Vergangenheit und der Schwarzmarkt für nukleares Material wachse. Die USA habe als die einzige Weltmacht, die Atomwaffen je eingesetzt habe, die moralische Verantwortung zu handeln. Um die Sprengköpfe und Waffenarsenale zu reduzieren, werde die USA noch in 2009 mit Russland über einen neuen Abrüstungsvertrag für strategische Waffen verhandeln.
Obama kehrte diesen April an den Ort seines Versprechens zurück, um zu zeigen, dass er hält, was er verspricht.
Neue Bereitschaft zur Zusammenarbeit
Die Prager Kleinseite eignet sich ausgesprochen gut für die Inszenierung historischer Augenblicke. Prachtvolle Gebäude und Festsäle, die Silhouette der Prager Burg und frühlingshafte Temperaturen verliehen der Unterzeichnung des neuen START-Abkommens einen Hauch von Harmonie und Leichtigkeit, wie sie die amerikanisch-russischen Beziehungen bisher nicht kannten.
Inmitten dieser Idylle signalisierten Obama und Medwedew eine neue Bereitschaft zur Zusammenarbeit und betonten, dass sich die Bedrohungslage seit dem Ende des Kalten Krieges geändert habe. Die Chemie zwischen den beiden Präsidenten, so Obama, habe sehr zu dem Erfolg der Verhandlungen beigetragen. Nicht zu überhören war, dass sich Obama und Medwedew entspannt mit ihren Vornamen ansprachen.
Das Jahr 2010 ist für die nukleare Abrüstung von entscheidender Bedeutung, die Unterzeichnung des neuen START-Abkommens ist dabei ein wichtiger Schritt. Diese Woche berieten rund 40 Staats- und Regierungschefs in Washington über den besseren Schutz von Nuklearmaterial und Atomwaffen. Im Mai wird in New York die Überprüfungskonferenz zum nuklearen Nichtverbreitungsvertrag stattfinden.
One plus 11 meeting
Obama äußerte sich vor einem Jahr auch zum geplanten Raketenabwehrsystem in Mitteleuropa. Die Pläne für ein „kosteneffektives und bewährtes“ Raketenabwehrsystem würden so lange Bestand haben, wie eine Sicherheitsgefahr aus dem Iran bestehe. Wenig später hatte Obamas Stopp der Raketenabwehrpläne in Polen und Tschechien allerdings für Aufregung gesorgt. Persönlichkeiten wie Václav Havel und Aleksander Kwasniewski reagierten daraufhin in einem offenen Brief an Obama mit Bedenken auf das Ende der Schutzschild-Illusion. Durch das Rahmenprogramm des Besuchs wollte Obama die mittel- und osteuropäischen Regierungschefs beruhigen und demonstrieren, dass er die Region nicht aus den Augen verloren hat. Am Abend des 9. April fand das „one plus 11 meeting“ in der Residenz der amerikanischen Botschaft statt: Obama traf sich mit den Staats- und Regierungschefs der 2004 und 2007 beigetretenen postkommunistischen Mitgliedstaaten und Kroatien.
Atomkraftwerk Temelín
Während des Summits spielten auch wirtschaftliche Interessen der USA und Russlands eine Rolle: Sowohl Westinghouse als auch Atomstrojexport (Tochterunternehmen von Rosatom) haben sich um den Auftrag des tschechischen Energiegiganten ČEZ beworben, der u.a. den Ausbau des AKW Temelín betrifft. ČEZ plant, in der Slowakei und der Tschechischen Republik fünf neue Reaktoren bauen zu lassen. Obama und Medwedew, so der tschechische Staatspräsident Václav Klaus, sprachen dieses Thema während der bilateralen Gespräche von sich aus an, übten aber keinen Druck aus, der inakzeptabel oder unfair gewesen wäre.
Der im Koalitionsvertrag der letzten Regierung von den Grünen durchgesetzte Investitionsstopp in den Ausbau von AKWs ist in Tschechien leider kein Thema mehr.
Gastgeber Václav Klaus
Nicht nur Obama und Medwedew war die Zufriedenheit anzusehen, auch ihrem Gastgeber Václav Klaus stand das Glück ins Gesicht geschrieben. In einer Pressekonferenz gab er bekannt, dass er die Bedeutung des neuen START-Abkommens unterschätzt habe. Wenn schon nicht der Lissabon-Vertrag oder das internationale Klimaschutzabkommen, dann hat ihn immerhin das neue START-Abkommen sichtbar beeindruckt.
Eva van de Rakt ist Büroleiterin der Heinrich-Böll-Stiftung in Prag. Sie lebt und arbeitet seit 1997 in der Tschechischen Republik.